Büffel, Butteri und Bergwerke: die Maremma
Immer mit Hut und immer zu Pferde: die letzten butteri der Toscana vor dem Ausritt auf die Weiden. Die berittenen Hirten gehören zum großen Mythos der Maremma, der ehemals wilden, verrufenen Küstenebene zwischen Pisa und Rom. Das bekannteste Volkslied der Toscana besingt das Land als Maremma amara, als die harte, die bittere Maremma, ein Land voll Not und Tod. Bis weit ins letzte Jahrhundert hinein grassierte die Malaria in der Maremma, heute ist das Sumpfland trockengelegt. Die Maremma gehört aber immer noch zu den großen Entdeckungen in der Toscana. Manfred E. Schuchmann hat sie erkundet. |
zurück zur Auswahl |
Die butteri seien die Cowboys der Toscana, sagt man. Sie haben ihre Rinder aber schon zu Zeiten über die Weiden der Maremma getrieben, als das Wort Cowboy noch gar nicht erfunden war. Heute arbeiten sie nur noch auf der Azienda Alberese bei Grosseto das ganze Jahr über wie ehedem mit ihren prächtigen Rinderherden. |
Gehören auch zu den letzten ihrer Art: die prächtigen, silbergrauen Maremmana-Rinder mit ihren mächtigen Hörnern haben Auerochsen-Gene. Die Azienda Alberese ist ein großes, ökologisch bewirtschaftetes Gut, das der Region Toscana gehört - Rinder und Hirten gehören zur Traditionspflege. |
Auch die wendigen, dunklen Maremma-Pferde der Azienda Alberese gehören in den Park - freier Auslauf auf riesigen Weideflächen vor den bewaldeten Hängen der Uccellina-Berge. |
Fünfundzwanzig Kilometer Strand und Felsen - keine Plastikbecher, keine Zigarettenkippen, keine Buden, nur Spuren im Sand. Der Parco della Maremma bewahrt ein Stück Küste am Tyrrhenischen Meer, wie es vor Ewigkeiten ausgesehen hat. Giuseppe Anselmi, Parkwächter und Ortspolizist in Personalunion. Er freut sich noch heute, dass eine der größen Bauspekulationen der Toscana einst gescheitert ist. Statt Beton und Bettenburgen gibt es in seinem Park ein großes Stück wilder Maremma. |
Imbißwagen im Park - für Burger und Steaks wird nur das Fleisch der Maremmana-Rinder von Alberese verwendet, von Slow Food empfohlen. Die Rinder verbingen ihr gesamtes Leben auf den Weiden und fressen nur, was ihnen schmeckt. Das schmeckt man. Die wichtigsten Mitarbeiterinnen der Käserei Inno al sole - fünf von über fünhundert indischen Büffelkühen, die ihre Milch für den köstlichen Mozzarella liefern. Unterhalb von Gavorrano - der Pozzo Roma, seinerzeit die ergiebigste Pyritmine Europas. Das Hinterland der Maremma ist reich an Erzen und Mineralien und wird seit dem Altertum ausgebeutet. Nur wenige Kilometer von der ehemaligen Bergwerkstadt Gavorrano entfernt - das Nobelweingut Rocca di Frassinello, Lieblingsspielzeug eines italienischen Medienunternehmers, der mit Renzo Piano einen der Weltstars unter den Architekten für den Bau anheuerte. Flaches Land von der Küste bis zu den ersten Hügelketten. Neuland, dem Fiebersumpf der Maremma abgerungen. Mussolini verfrachtete Siedler und politische Gefangene in die Gegend von Albinia, um die Maremma urbar zu machen. Porto Santo Stefano liegt auf der Halbinsel Monte Argentario, weit im Süden der Maremma. Ursprünglich ein kleiner Fischerhafen, seit den frühen Fünfzigern ein Urlaubsort für gekrönte Häupter und Prominente aus Italien und der halben Welt. |
Hochbetrieb in der Käserei Inno al sole in Principina Terra bei Grosseto, ab vier Uhr morgens wird hier Mozzarella hergestellt - Mozzarella di bufala, also aus Büffelmilch. Ursprünglich eine Spezialität der Gegend um Neapel. Auf seiner Bergkuppe eng zusammen gerückt - das mittelalterliche Gavorrano wird schon in Dantes Göttlicher Komödie erwähnt. Bis zum Ende des letzten Jahrhunderts arbeiteten in und um Gavorrano ein halbes Dutzend Bergwerke. Pasquino Fabbrizzi, fast neunzig Jahre alt, ehemaliger Bergmann aus Gavorrano, vor den verschlossenen Toren der Schachtanlage. In seiner Familie arbeiteten alle für den Pozzo Roma, und alle gehörten sie der damals starken toscanischen Linken an. Der Barrique-Keller von Rocca di Frassinello - ein streng quadratisches Amphitheater für tausend Fässer. Design bestimmt das Bewußtsein, auch beim Wein. Liviana Milano wuchs in den frühen Fünfziger Jahren in der Neusiedlung Albinia auf - es gab keinen Kindergarten, keine Kirche, keine Schule und nur einen einzigen Laden. Ihr Ehemann Cosmo stammt aus dem benachbarten Porto Santo Stefano. Der alte Hafen von Porto Santo Stefano. In der Hochsaison liegen hier Hundertmeter-Yachten mit Hubschrauber an Deck. Manchmal ist Porto Santo Stefano aber auch noch ganz unter sich: zum Beispiel, wenn im Frühjahr die Frauen der einzelnen Stadtviertel im Wettrudern gegeneinander antreten. |
ALBERESE (GR) Reception agriturismo loc. Spergolaia |
In Alberese und Umgebung herrscht kein Mangel an Zimmern in verschiedensten Agriturismi - die Villa Granducale hat das gewisse Extra. Sie gehörte im 18. und 19. Jahrhundert den Großherzögen der Toscana, die bereits versuchten, das Sumpfland der Maremma trocken zu legen. Sie kamen natürlich nicht selbst zum Dienst mit dem Spaten in die Gegend, sondern zur Jagd - deswegen das Wildschwein als Symbol und Wappentier.Schöne Zimmer, gut ausgestattete Küche, angenehmer Aufenthalt. |
ALBERESE (GR) |
Neue Brücke über den Ombrone, kurz vor der Mündung. Nur für Fußgänger und Radfahrer. Verbindet die Teile des Parco della Maremma zu beiden Seiten des Flusses und schließt eine Lücke im Radwegenetz. |
GAVORRANO (GR) |
Angenehmes Quartier in Gavorrano, einfache Zimmer, sehr gutes Essen. Der Name Bellavista hält, was er verspricht: freie Sicht bis nach Elba. |
ALBINIA (GR) Der Zeugenbericht der Velia Picchi über ihre Deportation in die Maremma und die mehrjährige Zwangsarbeit in Albinia ist dem Buch "L'universo minore. Confino, internamento, concentramento, deportazione degli Ebrei. Le responsabilità italiane ed il caso di Pistoia" von Pardo Fornaciari entnommen, erschienen bei Edizioni Erasmo, Livorno. |